Die Metamorphosen von Bernd Caspar Dietrich durchlaufen temporär, folgt man dem zoologischen Prolog, verschiedene Stadien. Sie fordern Unmengen von Pigmenten und Materialien, werden in Ausstellungen gezeigt, häuten sich, werden wieder bewundert und erfahren schließlich eine brachiale Verwandlung: mit dem Hammer werden die Stadien zerschlagen, neu überformt bis sie das adulte Stadium, das Imago, erreichen.
„Unser Eindruck ist, nur wer wirklich viel erlebt hat, kann durch seine Kunst auch so vielschichtig und eindrucksvoll und damit einzigartig intensiv vermitteln“, schreibt das Sammlerpaar Jessica und Parwäz Rafiqpoor über die Metamorphose „Île de Ré“. „Eine perfekte Symbiose, die uns wirklich inspiriert, der Mensch und seine Kunst - als Freund und Impulsgeber.“
„Für mich als Künstler ist die Ästhetik des entstandenen Werkes kaum von Bedeutung, eher die Reaktion des Betrachters auf die Schilderung der Entstehung. Wir alle kennen den Raupe-Schmetterling oder Engerling-Käfer Prozess, die unsichtbare Verwandlung der einen in eine sichtbare, andere Existenz. Das ist die biologische Metamorphose, wie aber ist es mit der geistigen oder der gesellschaftlichen Metamorphose, die sich im Verborgenen, kaum sichtbar und dennoch viel unmittelbarer vollzieht, wie die eigene persönliche Verwandlung vom jungen Menschen zum Erwachsenen, die sowohl körperliche als auch mental fordernde Veränderungen mit sich bringt.
Neben der körperlichen Entwicklung, erwacht der Drang seine Stellung in der Hierarchie der Familie und der Gesellschaft zu finden. Das kann man auch auf Kunstwerke beziehen.
Sie ringen in der schier unendlichen Flut der optischen Reize um Aufmerksamkeit und überspringen die Frage: was hat der oder die Künstlerin gemeint? Entsetzt schauen mir Ateliergäste beim Zerschlagen von Oberflächen zu: Um Gotteswillen, das sieht wunderschön aus! Warum machst du das!?
Doch erst durch das Entfernen des schönen Scheins lege ich das frei, was schon immer als Botschaft in dem jeweiligen Bild angelegt war.“
Die Serie der Metamorphosen gehört zu den emotionalsten Arbeiten, die das Atelier von BCD in rund 35 Jahren verlassen haben. Nach der 2013 gestarteten Werkreihe WHEELS – konzentrische Erzählungen, gehen die Metamorphosen noch einen Schritt weiter und offenbaren dem Betrachter den Zustand, in dem sich der Künstler gerade befindet. Ein Werk, ganze Serien entstehen, werden ausgestellt, beschreiben die Gefühlswelt und suchen nach Befreiung aus dem Erstarrten. Der Künstler, der Mensch geht auf Reisen, lernt Menschen, Orte und Gebräuche kennen. Seine Augen lernen wieder zu sehen, die Zunge zu schmecken, der Kopf zu streiten und zu lieben. Bernd Caspar Dietrich findet im Diskurs mit seiner Frau Hella Sinnhuber die Basis zur Schaffung einer neuen Bildsprache und zur Befreiung.